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Dingliches Vorkaufsrecht an Miteigentumsanteil – nachträgliche Änderungen

Bestandskraft von Vorkaufsrechten an Miteigentumsanteilen

Das dingliche Vorkaufsrecht gewährt dem Berechtigten die Möglichkeit, beim Verkauf eines Grundstücks dessen Erwerb zu bevorzugten Bedingungen an sich zu ziehen. Entgegen der gesetzlichen Regel ist es möglich, ein solches Recht vererblich zu gestalten. Wird es ursprünglich für einen Miteigentumsanteil begründet, stellt sich die Frage nach seinem Fortbestand, wenn der Bruchteilsanteil später untergeht.

Die weitere Betrachtung befasst sich mit einem konkreten Fall, der vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe verhandelt wurde. Dabei ging es um die beabsichtigte Löschung eines dinglichen Vorkaufsrechts von einem Grundstück, das nun im Alleineigentum einer GbR steht. Das Gericht hatte die Rechtmäßigkeit dieser Löschung zu prüfen.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 W 96/23 (Wx) >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Bestand des Vorkaufsrechts: Das dingliche Vorkaufsrecht an einem Miteigentumsanteil bleibt bestehen und ist vererblich, trotz des Todes des ursprünglichen Berechtigten und der Übertragung des Eigentums.
  2. Vererblichkeit: Das Vorkaufsrecht kann entgegen der gesetzlichen Regel durch Vereinbarung vererblich gestaltet werden, sofern dies im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragungsbewilligung nachweisbar ist.
  3. Nichterlöschung durch Nichtausübung: Das Vorkaufsrecht erlischt nicht automatisch durch Nichtausübung in früheren Verkaufsfällen und kann bei jedem Verkauf durch den aktuellen Eigentümer ausgeübt werden.
  4. Relevanz des Erbscheins: Die Löschung des Vorkaufsrechts erfordert den Nachweis der Nacherbfolge durch einen adäquaten Erbschein.
  5. Widerspruch zwischen Grundbucheintrag und Realität: Das Vorkaufsrecht besteht weiter, auch wenn der belastete Miteigentumsanteil im Grundbuch nicht mehr existiert, es bleibt an einem fiktiven Anteil bestehen.
  6. Unschädlichkeit des Untergangs des Miteigentumsanteils: Der Untergang des Miteigentumsanteils des ursprünglich Berechtigten hat keine Auswirkungen auf das Bestehen des Vorkaufsrechts.
  7. Publizitätsprinzip: Die Bezugnahme auf die Bewilligung genügt dem Publizitätsprinzip, eine explizite Eintragung der Vererblichkeit im Grundbuch ist nicht zwingend notwendig.

➜ Der Fall im Detail


Vorkaufsrecht bleibt trotz Erbfall und Eigentumsübertragungen bestehen

Im Zentrum des Falls steht das dingliche Vorkaufsrecht an einem Miteigentumsanteil eines Grundstücks, das ursprünglich 1973 beim Verkauf durch die Gemeinde H. an den Erblasser G. und dessen Familie eingeräumt wurde. G. und seine Ehefrau erhielten jeweils ein Viertel des Eigentums, während ihr Sohn F. die Hälfte erwarb und seinen Eltern ein vererbliches Vorkaufsrecht an seinem Anteil gewährte.

Das OLG Karlsruhe entschied, dass ein vererbliches und für alle Verkaufsfälle geltendes dingliches Vorkaufsrecht an einem Miteigentumsanteil auch nach Eigentümerwechseln und Erbfall fortbesteht, selbst wenn der ursprüngliche Miteigentumsanteil nicht mehr existiert. (Symbolfoto: Andrii Yalanskyi /Shutterstock.com)

Dieses Recht war als dauerhaft und für alle Verkaufsfälle geltend konzipiert. Nach dem Tod von G. und später F. sowie verschiedenen Eigentumsübergängen beantragte die jetzige Eigentümerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Löschung dieses Vorkaufsrechts, da sie der Meinung war, es sei mit den Eigentumsänderungen erloschen.

Gerichtliche Klärung der Bestandskraft des Vorkaufsrechts

Das Amtsgericht – Grundbuchamt Villingen-Schwenningen wies darauf hin, dass die Löschung des Vorkaufsrechts nicht erfolgen könne, da der erforderliche Nachweis über die Nacherbenstellung des Berechtigten fehle. Dieses Hindernis basierte auf der fehlenden Vorlage eines entsprechenden Erbscheins, der die Erbfolge nach G. klären sollte. Das Grundbuchamt bestand darauf, dass das Vorkaufsrecht, entgegen der Annahme der Eigentümerin, weiterhin besteht und dessen Vererblichkeit sowie dessen Bestand für alle Verkaufsfälle bereits bei der ursprünglichen Eintragung festgelegt wurden.

Rechtliche Bewertung des fortbestehenden Vorkaufsrechts

Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte in seinem Urteil die Auffassung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde der Eigentümerin zurück. Das Gericht erklärte, dass das Vorkaufsrecht aufgrund der speziellen Regelungen, die bei seiner Einrichtung getroffen wurden, weiterhin wirksam ist. Es hob hervor, dass solche Rechte, selbst wenn sie auf einem Miteigentumsanteil lasten, der nicht mehr als solcher existiert, nicht automatisch erlöschen. Stattdessen bestehen sie an einem fiktiven Teil des Grundstücks fort, solange die vertraglichen Bedingungen dies vorsehen.

Bedeutung der Vererblichkeit und Übertragbarkeit

Das Gericht stellte klar, dass abweichende Regelungen zur gesetzlichen Norm, dass Vorkaufsrechte grundsätzlich nicht vererblich oder übertragbar sind, zulässig und wirksam sein können, sofern sie ordnungsgemäß im Grundbuch eingetragen oder durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung dokumentiert sind. Dies entspricht der herrschenden Rechtsmeinung und wurde durch die Eintragungen und die zugrundeliegenden Bewilligungen, die im Fall von G. und seinem Sohn F. gemacht wurden, bestätigt.

Feststellung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Das OLG Karlsruhe betonte weiterhin, dass die Eintragung der Vererblichkeit zwar nicht direkt im Grundbuch verzeichnet war, sich aber aus der Bewilligung von 1973 ergab und somit rechtlich bindend ist. Dieser Umstand verdeutlicht die Bedeutung einer genauen Betrachtung und Auslegung der Grundbucheinträge und der damit verbundenen historischen Dokumente, um die Rechtslage korrekt zu erfassen und interpretieren.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein dingliches Vorkaufsrecht?

Ein dingliches Vorkaufsrecht ist ein beschränkt dingliches Recht an einem Grundstück, das dem Inhaber die Befugnis zum Erwerb des Eigentums einräumt, sofern der Vorkaufsfall eintritt. Dieser tritt ein, wenn der Eigentümer mit einem Dritten einen Kaufvertrag über das Grundstück abschließt.

Das dingliche Vorkaufsrecht ist in den §§ 1094 ff. BGB geregelt. Es entsteht durch Einigung und Eintragung im Grundbuch. Durch die Eintragung wirkt es gegenüber jedermann und gibt dem Berechtigten eine stärkere Rechtsposition als das schuldrechtliche Vorkaufsrecht.

Der Berechtigte kann eine bestimmte Person (subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht) oder der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks sein (subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht). Das dingliche Vorkaufsrecht schützt den Inhaber wie eine Auflassungsvormerkung (§ 1098 II BGB).

Es erlischt unter anderem, wenn ein Dritter gutgläubig lastenfreies Eigentum am Grundstück erwirbt. Auch der Verzicht des Berechtigten oder bestimmte Eigentumsübertragungen wie Schenkung oder Zwangsversteigerung führen zum Erlöschen.

Das dingliche Vorkaufsrecht stellt somit ein verdinglichtes schuldrechtliches Vorkaufsrecht dar. Es gibt dem Berechtigten die Möglichkeit, den Eigentumserwerb eines Dritten effektiv zu verhindern und selbst in die Käuferposition einzutreten.

Wie wird ein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen?

Ein dingliches Vorkaufsrecht wird durch Einigung und Eintragung im Grundbuch begründet. Dazu sind folgende Schritte erforderlich:

  1. Der Eigentümer und der Vorkaufsberechtigte schließen einen Vorkaufsrechtsvertrag ab. Dieser muss nicht notariell beurkundet werden.
  2. Der Vertrag wird dem Grundbuchamt übergeben. Dazu sind die erforderlichen Grundbucherklärungen notwendig, die vom Notar beglaubigt werden müssen.
  3. Das Grundbuchamt nimmt die Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs vor. Dort wird das Vorkaufsrecht in der Regel an nächstoffener Rangstelle eingetragen.
  4. Mit der Eintragung erlangt das Vorkaufsrecht Wirksamkeit gegenüber Dritten und sichert die Position des Berechtigten. Es wirkt wie eine Auflassungsvormerkung.
  5. Soll das Vorkaufsrecht vererblich sein, muss dies ausdrücklich vereinbart und ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden. Ansonsten erlischt es mit dem Tod des Berechtigten.

Die Eintragung im Grundbuch ist mit Kosten verbunden, deren Übernahme die Parteien untereinander regeln müssen. Sie stellt aber den entscheidenden Schritt dar, um dem dinglichen Vorkaufsrecht Wirksamkeit zu verleihen und es auch gegenüber Dritten durchsetzen zu können.

Was bedeutet die Vererblichkeit eines dinglichen Vorkaufsrechts?

Die Vererblichkeit eines dinglichen Vorkaufsrechts bedeutet, dass das Recht auch nach dem Tod des ursprünglich Berechtigten auf dessen Erben übergeht und für diese weiterhin besteht. Grundsätzlich ist ein Vorkaufsrecht nach § 473 Satz 1 BGB nicht vererblich, es sei denn die Vererblichkeit wurde ausdrücklich vereinbart (§ 473 Satz 2 BGB).

Soll die Vererblichkeit eines dinglichen Vorkaufsrechts gewährleistet sein, muss dies ausdrücklich vereinbart und im Grundbuch eingetragen werden. Nur so kann das Vorkaufsrecht auch Rechtsnachfolger des ursprünglichen Berechtigten binden.

Die Vererblichkeit kann jedoch auch beschränkt werden, z.B. nur auf zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits geborene Abkömmlinge des Berechtigten. Eine solche Beschränkung muss sich zweifelsfrei aus der Eintragung ergeben, ansonsten gilt das Vorkaufsrecht in vollem Umfang als vererblich.

Ist die Vererblichkeit wirksam vereinbart, genügt zum Nachweis einer Grundbuchunrichtigkeit nach dem Tod des Berechtigten nicht der bloße Nachweis des Todes. Es muss auch nachgewiesen werden, dass keine Erben vorhanden sind, auf die das Recht übergegangen sein könnte.

Die Vererblichkeit ermöglicht es also, die Wirkung eines dinglichen Vorkaufsrechts über den Tod des ersten Berechtigten hinaus aufrechtzuerhalten und an dessen Rechtsnachfolger weiterzugeben. Sie stellt damit ein wichtiges Gestaltungsmittel dar, um die Langlebigkeit eines solchen Rechts sicherzustellen.

Kann ein dingliches Vorkaufsrecht trotz Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bestehen bleiben?

Ein dingliches Vorkaufsrecht kann trotz Änderungen in den Eigentumsverhältnissen nur unter bestimmten Voraussetzungen bestehen bleiben:

Grundsätzlich erlischt ein dingliches Vorkaufsrecht, wenn das Grundstück auf andere Weise als durch Verkauf in das Eigentum eines Sonderrechtsnachfolgers des Verpflichteten übergeht. Dies ist etwa der Fall, wenn das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich übertragen wird. In solchen Fällen wird das Grundbuch, in dem das Vorkaufsrecht eingetragen ist, unrichtig.

Damit das Vorkaufsrecht auch einen Sonderrechtsnachfolger bindet und bei Eigentumsübergang bestehen bleibt, muss es ausdrücklich als vererblich bestellt und im Grundbuch so eingetragen werden. Zudem sollte klargestellt sein, dass das Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall durch den Eigentümer oder einen Sonder- oder Gesamtrechtsnachfolger eingreifen soll.

Fehlt ein solcher Zusatz zur Vererblichkeit im Grundbuch, erlischt das dingliche Vorkaufsrecht mit dem Tod des Berechtigten. Auch ein Verzicht des Berechtigten führt zum Erlöschen.

Bei bestimmten Eigentumsübertragungen wie Schenkung oder Zwangsversteigerung erlischt das Vorkaufsrecht ebenfalls, da es nur bei einem Verkauf durch den Eigentümer ausgeübt werden kann.

Um rechtliche Beständigkeit und Dauerhaftigkeit zu gewährleisten, muss ein dingliches Vorkaufsrecht also von vornherein entsprechend ausgestaltet und eingetragen werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es bei Änderungen der Eigentumsverhältnisse erlischt.

Welche Rolle spielt der Erbschein bei der Löschung eines dinglichen Vorkaufsrechts?

Ein Erbschein spielt bei der Löschung eines dinglichen Vorkaufsrechts nach dem Tod des Berechtigten eine wichtige Rolle:

Ist das Vorkaufsrecht nicht ausdrücklich als vererblich bestellt und im Grundbuch so eingetragen, erlischt es mit dem Tod des ursprünglich Berechtigten. Das Grundbuch wird dann unrichtig und die Erben müssen die Löschung des Vorkaufsrechts veranlassen.

Um gegenüber dem Grundbuchamt die Berechtigung zur Löschung nachzuweisen, benötigen die Erben in der Regel einen Erbschein. Dieser dient als offizieller Nachweis der Erbfolge.

Beruht die Erbfolge auf einem notariellen Testament oder Erbvertrag, kann anstelle des Erbscheins auch eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunde zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts ausreichen. Voraussetzung ist, dass sich die Erbfolge daraus eindeutig ergibt.

Liegt nur ein privatschriftliches Testament vor oder bestehen Unklarheiten, wird das Grundbuchamt auf einem Erbschein bestehen. Die Vorlage des Erbscheins ist dann zwingend erforderlich, um die Erben als Berechtigte auszuweisen und die Löschung zu erreichen.

Der Erbschein stellt somit ein zentrales Dokument dar, um nach dem Tod des Berechtigten eines dinglichen Vorkaufsrechts dessen Löschung im Grundbuch zu erwirken, sofern das Recht nicht vererblich war. Er schafft Klarheit über die Erbenstellung und ermöglicht den Erben, die erforderlichen Schritte zur Grundbuchberichtigung einzuleiten.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 1098 BGB: Regelt, dass dingliche Vorkaufsrechte an Grundstücken grundsätzlich weder vererblich noch übertragbar sind, es sei denn, es gibt abweichende vertragliche Regelungen, die im Grundbuch eingetragen sein müssen. Diese Norm ist zentral, da im vorliegenden Fall das Vorkaufsrecht trotz des Todes des ursprünglichen Berechtigten fortbesteht, was eine Ausnahme von dieser Regel darstellt.
  • § 1095 BGB: Besagt, dass dingliche Vorkaufsrechte an einem Grundstück nur dann bestehen können, wenn sie an den Anteil eines Miteigentümers geknüpft sind. Die Norm klärt, dass solche Rechte auch nach strukturellen Änderungen am Grundstück weiter existieren können, was für den Fortbestand des Vorkaufsrechts im aktuellen Fall entscheidend ist.
  • § 18 Abs. 1 GBO (Grundbuchordnung): Diese Vorschrift erlaubt es dem Grundbuchamt, bei Unklarheiten oder fehlenden Nachweisen im Rahmen eines Antrags eine Zwischenverfügung zu erlassen. Im Kontext des Falls wurde diese genutzt, um auf das Fehlen des Nachweises der Nacherbenstellung hinzuweisen, was ein zentrales Hindernis für die Löschung des Vorkaufsrechts darstellt.
  • § 873 BGB: Regelt die Eintragung von Rechten im Grundbuch und die dafür notwendige Einigung und Bewilligung. Die korrekte Anwendung und Interpretation dieser Norm ist entscheidend, um zu verstehen, wie das Vorkaufsrecht trotz abweichender gesetzlicher Grundregel vererblich gestaltet und im Grundbuch verankert werden konnte.
  • § 875 BGB: Diese Vorschrift regelt die Aufhebung von Rechten an Grundstücken, die nur durch eine Erklärung des Berechtigten und die Löschung des Rechts im Grundbuch möglich ist. Dies ist relevant, da die fehlende Erklärung der Nacherben zur Aufhebung des Vorkaufsrechts ein zentrales Thema im vorliegenden Fall ist.
  • § 2361 BGB: Bestimmt, dass ein Erbschein, der unrichtig geworden ist, vom Nachlassgericht eingezogen werden muss. Dies ist im Kontext wichtig, weil der vorgelegte Erbschein die Nacherbenstellung nicht korrekt auswies und daher nicht zur Löschung des Vorkaufsrechts führen konnte.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 14 W 96/23 (Wx) – Beschluss vom 14.02.2024

1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Villingen-Schwenningen vom 08.05.2023 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Eigentümerin des Grundstücks, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, begehrt die Löschung eines auf ihrem Grundstück (Grundbuch von … Blatt …, Flurst. Nr. …, …) lastenden dinglichen Vorkaufsrechts.

Der am 29.11.1990 verstorbene Erblasser G. wurde aufgrund eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments vom 08.10.1965 zunächst von seiner Ehefrau, der am 11.10.2018 verstorbenen …, als befreite Vorerbin und sodann nach Eintritt des Nacherbfalls zu gleichen Teilen von den gemeinschaftlichen Kindern F., C., M. und I. beerbt. F. ist am 06.05.2023 verstorben; er wurde von seiner Ehefrau E. beerbt.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 04.04.1973 (Notariat II Waldshut, II H 433/73; s. Grundakten) veräußerte die Gemeinde H. das neugebildete Baugrundstück Lgb. Nr. … an den Erblasser G. und dessen Ehefrau E. zu je einem Viertel und an deren Sohn F. zu hälftigem Miteigentumsanteil. F. räumte dabei seinen Eltern ein gemeinschaftliches, dingliches Vorkaufsrecht an seinem hälftigen Miteigentumsanteil ein, das vererblich sein und für alle Verkaufsfälle gelten sollte (s. § 7 Abs. 2 der Urkunde).

Mit Antrag vom 02.05.2022 beantragte die Eigentümerin – vertreten durch die Gesellschafter – unter Beifügung des entsprechenden notariell beglaubigten Grundbuchantrags vom 06.04.2022 beim Grundbuchamt unter anderem die Löschung des in Abt. II unter lfd. Nr. 3 zugunsten des Erblassers G. und seiner Ehefrau E. gebuchten dinglichen Vorkaufsrechts.

Mit Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO vom 08.05.2023 hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – Villingen-Schwenningen hinsichtlich des Antrags auf Löschung des Vorkaufsrechts auf das Fehlen des Nachweises der Nacherbenstellung (nach G.) durch Vorlage eines Erbscheins (§ 35 Abs. 1 GBO) hingewiesen, was der Löschung als Hindernis entgegenstehe. Zur Behebung dieses Hindernisses hat das Grundbuchamt eine Frist bis zum 12.06.2023 bewilligt und im Falle des ergebnislosen Fristablaufs die kostenpflichtige Zurückweisung des Antrags angekündigt. Zur Begründung hat das Grundbuchamt unter anderem ausgeführt, das zur Löschung beantragte Vorkaufsrecht sei gemäß der Bewilligung des Rechts vererblich und zudem für alle Verkaufsfälle bestellt. Zwar sei das für eine natürliche Person bestellte Vorkaufsrecht grundsätzlich von Gesetzes wegen weder vererblich noch übertragbar (§§ 1098 Abs. 1 Satz 1, 473 Satz 1 BGB), es könnten jedoch abweichende Bestimmungen durch die Beteiligten getroffen werden, welche grundsätzlich im Grundbuch eingetragen werden müssten; die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung genüge der Eintragung der Vererblichkeit jedoch. Das Recht sei auch nicht deswegen erloschen, weil es auf einem Miteigentumsanteil lastet, der als solcher nicht mehr im Grundbuch existent sei. § 1095 BGB stehe dem Fortbestand eines Vorkaufsrechts nicht entgegen, wenn das Vorkaufsrecht einmal wirksam an einem Miteigentumsanteil entstanden sei. Das Verbot des § 1095 BGB beziehe sich nur auf den erstmaligen Entstehungszeitpunkt; nachträgliche Änderungen berührten den Bestand des Vorkaufsrechts nicht. Erwirbt ein Miteigentümer die übrigen Miteigentumsanteile, entstehe in der Person des Erwerbers ein einziger Miteigentumsanteil; das bestehende Vorkaufsrecht erfasse dann nur einen fiktiven Teil des nunmehr verbundenen Miteigentumsanteils. Da das Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle bestellt sei, erlösche es – anders als ein lediglich schuldrechtliches Vorkaufsrecht – auch nicht, wenn der Berechtigte es in einem Einzelfall nicht ausübe. Der Berechtigte könne dann vielmehr bei einem Verkauf durch den neuen Eigentümer zugreifen. Da das Recht nach allem nicht erloschen sei, bedürfe es daher der Bewilligung der Nacherben des verstorbenen G. Diese hätten ihre Nacherbenstellung durch Erbschein nachzuweisen. Der vorgelegte Erbschein nach G. weise lediglich die Vorerbin als Erbin aus. Dieser Erbschein bescheinige dagegen weder das Nacherbenrecht noch die Nacherben. Der dem Vorerben erteilte Erbschein sei mit dem Nacherbfall unrichtig geworden und durch das Nachlassgericht von Amts wegen gemäß § 2361 BGB einzuziehen. Der Nacherbe müsse sein Erbrecht durch Vorlage eines neuen, auf ihn lautenden Erbscheins nachweisen.

Mit Schriftsatz vom 07.11.2023 hat die Eigentümerin gegen die Zwischenverfügung vom 08.05.2023 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie unter anderem ausgeführt, die Einreichung eines Erbscheins, welcher die Erben des G. nach Eintritt des Nacherbfalls ausweist, sei aus Rechtsgründen nicht erforderlich. Das ursprünglich an dem hälftigen Miteigentumsanteil des Abkömmlings F. bestehende Vorkaufsrecht sei mit der Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts am 24.04.1996 als Eigentümerin des im Grundbuch von H., Blatt .., gebuchten Grundbesitzes untergegangen und setze sich insbesondere nicht an dem Gesellschaftsanteil desselben Abkömmlings fort, da zwischen Miteigentumsanteil und Gesellschaftsanteil weder vom Umfang noch vom Rechtscharakter her Identität bestehe.Mit Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Nachweis des Todes des Vorkaufsberechtigten G. sei der Unrichtigkeitsnachweis geführt.Soweit das Grundbuchamt darauf abstelle, dass sich § 1095 BGB nur auf den Zeitpunkt der Entstehung des Rechts beziehe, nachträgliche Änderungen das belastete Recht aber unberührt ließen, verkenne es, dass der belastete Miteigentumsanteil gerade nicht ein fiktiver Teil eines „nunmehr verbundenen Miteigentumsanteils“ sei, sondern als Miteigentumsanteil nicht mehr bestehe, und zwar weder real noch fiktiv. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes sei das Vorkaufsrecht mangels ausdrücklichen Grundbucheintrags nicht als vererblich anzusehen; die Bezugnahme auf die Bewilligung genüge dem Publizitätsprinzip der §§ 873, 874 BGB nicht.

Mit Nichtabhilfebeschluss vom 21.11.2023 hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – Villingen-Schwenningen der Beschwerde des Beteiligten Ziffer 1 vom 07.11.2023 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt. Das Grundbuchamt weist in seiner Nichtabhilfeentscheidung unter anderem darauf hin, dass die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 19.10.1988 – 15 W 174/88, juris) deren Auffassung, wonach die Bezugnahme auf die Bewilligung dem Publizitätsprinzip nicht genüge, gerade nicht stütze.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 71 GBO zulässige Beschwerde der Eigentümerin ist unbegründet.

Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass der Löschung des dinglichen Vorkaufsrechts das Fehlen des erforderlichen Nachweises über die Nacherbfolge des Berechtigten als Hindernis im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO entgegensteht.

1. Das unter anderem zugunsten des Erblassers G. begründete dingliche Vorkaufsrecht besteht fort. Es ist vererblich (dazu a) und nicht infolge Nichtausübung erloschen (dazu b). Die Vorschrift des § 1095 BGB steht der Annahme des Fortbestands des Rechts nicht entgegen (dazu c).

a) Zutreffend hat das Grundbuchamt im angegriffenen Beschluss darauf hingewiesen, dass das für eine natürliche Person bestellte Vorkaufsrecht zwar gesetzlich weder vererblich noch übertragbar ist (§§ 1098 Abs. 1 Satz 1, § 473 Satz 1 BGB) und daher grundsätzlich mit dem Tode des Berechtigten erlischt, abweichende Bestimmungen durch die Beteiligten jedoch getroffen werden können. Diese müssen im Grundbuch eingetragen werden, wobei dem Eintragungserfordernis nach ganz herrschender Meinung durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung genügt ist (vgl. nur OLG Hamm, Beschluss vom 19.10.1988 – 15 W 174/88, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.11.2020 – 20 W 156/20, Rn. 9, juris; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2022, Rn. 1428, beck-online mit weiteren Nachweisen aus Rspr. und Lit.). Denn auch das zulässigerweise in Bezug Genommene ist als im Grundbuch eingetragen anzusehen, § 874 BGB.

Zwar ist vorliegend die Vererblichkeit des dinglichen Vorkaufsrechts in Abt. II, lfd. Nr. 3, im Grundbuch nicht gebucht. Sie ergibt sich jedoch aus der Bezugnahme auf die Bewilligung vom 04.04.1973 in dieser Grundbucheintragung, §§ 874 BGB, 44 Abs. 2 Satz 1 GBO. In dieser Bewilligung (Bl. 1 ff. der Grundakte H., GB 301, notarieller Kaufvertrag vom 04.04.1973, Notariat II Waldshut, II H 433/73 – § 7 Abs. 2 in Verbindung mit der Grundbucherklärung Ziffer 3) ist geregelt, dass der Käufer F. seinen Eltern ein gemeinschaftliches dingliches Vorkaufsrecht einräumt und dieses Vorkaufsrecht vererblich ist und für alle Verkaufsfälle gilt. Durch die Bezugnahme auf diese Bewilligung vom 04.04.1973 ist die – abweichend von §§ 1098 Abs. 1 Satz 1, 473 Satz 1 BGB – vereinbarte Vererblichkeit des Vorkaufsrechts zum Gegenstand der Grundbucheintragung geworden.

Soweit die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm die Eintragung der Vererblichkeit im Grundbuch selbst für erforderlich und die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung für nicht ausreichend hält, hat das Grundbuchamt zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm gerade Gegenteiliges ergibt.

b) Dass das zugunsten des Erblassers G. (und seiner zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen Ehefrau E.) bestellte gemeinschaftliche dingliche Vorkaufsrecht im Sinne des § 1097 BGB für alle Verkaufsfälle bestimmt ist, ergibt sich sowohl unmittelbar aus dem Grundbuch als auch aus der Bewilligungserklärung vom 04.04.1973. Es ist daher auch nicht deswegen erloschen, weil der Berechtigte es in früheren Verkaufsfällen nicht ausgeübt hat; der Vorkaufsberechtigte kann vielmehr bei jedem weiteren Verkauf durch den jeweils aktuellen Eigentümer zugreifen (MüKoBGB/Westermann, 9. Aufl. 2023, BGB § 1097 Rn. 5).

c) Der Anwendungsbereich des § 1095 BGB ist in zeitlicher Hinsicht nicht eröffnet.

Danach kann ein Bruchteil eines Grundstücks mit einem dinglichen Vorkaufsrecht nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Schon der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, dass sich der Ausschluss von dinglichen Vorkaufsrechten an ideellen Grundstücksteilen, die nicht in einem Miteigentumsanteil verselbständigt sind, nur auf den originären Bestellungsakt bezieht („kann … nur belastet werden“). § 1095 BGB greift nicht mehr restriktiv ein, sobald das Vorkaufsrecht wirksam an einem Miteigentumsanteil entstanden ist, da sich das Verbot des § 1095 BGB nur auf den erstmaligen Entstehungszeitpunkt erstreckt; nachträgliche Änderungen, die zum Erlöschen des ursprünglichen Miteigentumsanteils führen, lassen das einmal entstandene dingliche Vorkaufsrecht mithin nicht erlöschen, sondern führen dazu, dass es an einem fiktiven Bruchteil des Grundstücks fortbesteht (BayObLG, Beschluss vom 15.02.1996 – 2Z BR 102/95, Rn. 17 ff., juris;BeckOGK/Omlor, Stand: 01.01.2024, BGB § 1095 Rn. 7, 7.1). Der Miteigentumsanteil muss im Zeitpunkt der Entstehung des dinglichen Vorkaufsrechts in der Gestalt vorhanden sein, in der er belastet werden soll; dabei genügt es, dass der zukünftige Miteigentumsanteil hinreichend bestimmt ist (BeckOGK/Omlor, a. a. O., BGB § 1095 Rn. 4, 4.1). Mit dem Vollzug der Bewilligungserklärungen vom 04.04.1973 durch Eintragung der Eigentumsänderungen sowie des bestellten dinglichen Vorkaufsrechts in das Grundbuch von H. ist das dingliche Vorkaufsrecht an dem hälftigen Miteigentumsanteil des F. somit entstanden. Dass der ursprüngliche Miteigentumsanteil des F. heute nicht mehr besteht, da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Alleineigentümerin geworden ist, ist nach allem unschädlich.

2. Der dem Grundbuchamt vorgelegte Erbschein nach dem Erblasser G. ist als Nachweis über die Nacherbfolge ungeeignet, weshalb die erforderliche Erklärung des Vorkaufsberechtigten, dass er das Recht aufgebe, nicht nachgewiesen ist.

a) Gemäß § 875 Abs. 1 BGB ist zur Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück die Erklärung des Berechtigten, dass er das Recht aufgebe, und die Löschung des Rechts im Grundbuch erforderlich. Die Erklärung ist dabei dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie erfolgt. Gemäß § 35 Abs. 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge – von im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen – nur durch einen Erbschein geführt werden.

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Löschung des dinglichen Vorkaufsrechts nicht vor. Denn dass die Nacherben Berechtigte im Sinne des § 35 Abs. 1 GBO sind, ist nicht mittels Erbscheins nachgewiesen. Insbesondere konnte der Nachweis der Nacherbfolge – worauf das Grundbuchamt zutreffend hingewiesen hat – nicht durch Vorlage des Erbscheins nach Ableben des Erblassers G. geführt werden. Denn ein Erbschein für den Vorerben mit Nacherbenvermerk (vgl. § 352b FamFG) bezeugt nur das Vorerbenrecht und muss nach Eintritt des Nacherbfalls eingezogen werden (OLG Hamm, Beschluss vom 08.07.1974 – 15 Wx 42/74, NJW 1974, 1827, 1828; BeckOK GBO/Wilsch, Stand: 01.11.2023, GBO § 35 Rn. 34).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG; die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

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