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Grundstückserwerb kraft Gesetzes durch Erbfolge – Gutglaubensschutz

Oberlandesgericht Naumburg – Az.: 12 Wx 10/19 – Beschluss vom 22.05.2019

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 €.

Gründe

I.

Der Schmied O. W. aus B. war aufgrund Erbauseinandersetzungsvertrages vom 17. November 1927, beurkundet durch den Notar Sch. in H., seit dem 17. Januar 1928 als Eigentümer des im Grundbuch von S. Blatt : …7 (vormals Blatt …6) eingetragenen Flurstücks …/63 der Flur … der Gemarkung S. eingetragen. Auf den ohne Bezug zu einem bestimmten Grundbuch bzw. Flurstück gestellten Antrag von E. M., geb. W., und H. K., geb. R., vom 16. Januar 1994 ist E. M. am 25. April 1996 aufgrund des öffentlichen Testaments vom 15. Oktober 1940 als Eigentümerin u.a. in das Grundbuch von S. Blatt …7 eingetragen worden. Ihr nachfolgend ist am 26. Februar 2013 der Beteiligte zu 1), geb. am 6. Mai 1982, aufgrund Erbscheins des Amtsgerichts Oschersleben vom 6. Dezember 2012 als Eigentümer in das Grundbuch von S. Blatt …7 eingetragen worden.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Schriftsatz vom 9. März 2017 mitgeteilt, dass er über eine längere Erbfolge Erbe nach O. W. sei und dass nicht nachvollziehbar sei, dass Frau E. M. in das Grundbuch von S. Blatt …7 als erste Eigentümerin eingetragen sei. Das Grundbuchamt des Amtsgerichts H. hat den Beteiligten zu 1) mit Verfügung vom 30. Juni 2017 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Schmied O. W. in B. wieder als Eigentümer in das Grundbuch Blatt …7 einzutragen. Bei der Berichtigung der Grundbücher von E. Blatt …1, Sch. Blatt …8 und S. Blatt …7 sei seinerzeit nicht beachtet worden, dass in Blatt …1 und …8 der Schuhmachermeister O. W. in E., in Blatt …7 aber der Schmied O. W. in B. eingetragen gewesen sei. Ungeachtet der unterschiedlichen Berufsbezeichnungen und Wohnorte sei fälschlich von Personenidentität ausgegangen worden.

Der Beteiligte zu 1) ist dem mit Schriftsätzen vom 9. August 2017 und vom 8. September 2017 entgegengetreten. Die Voraussetzungen einer Grundbuchberichtigung zugunsten der Erben des O. W. in B. lägen nicht vor, die ihm übersandten Belege seien kein Nachweis.

Das Grundbuchamt hat am 9. April 2018 den Beteiligten zu 1) als Eigentümer im Grundbuch von S. Blatt …7 gelöscht und unter lfd. Nr. 4 als Eigentümer „Schmied O. W. in B.“ eingetragen und hierzu vermerkt:

„Aufgrund Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit gemäß § 22 Abs. 1 GBO (Namensgleichheit) wird der aufgrund der Auflassung vom 17.11.1927 am 17.01.1928 als lfd. Nr. 1 der Abteilung I eingetragene Eigentümer im Wege der Berichtigung wieder eingetragen am 09.04.2018.“

Gegenüber den Beteiligten hat das Grundbuchamt dies mit Verfügung vom 9. April 2018 damit begründet, dass die ursprüngliche Eigentümereintragung wiederhergestellt worden sei, bevor es zu der Grundbuchberichtigung aufgrund von Erbnachweisen nach dem Schuhmachermeister O. W. in E. gekommen sei. Grundlage sei der Vertrag vom 17. November 1927, der in der Form des § 29 GBO vorliege, da die Notariatsakten des Notars Sch. im hiesigen Amtsgericht archiviert seien.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 8. Mai 2018 Einspruch mit dem Ziel eingelegt, dass ein Widerspruch gegen die Eintragung vom 9. April 2018 eingetragen wird. Diese sei entgegen der dem Antragsteller obliegenden Darlegungs- und Beweislast vorgenommen worden. Es treffe auch nicht zu, dass er nichts zur Entkräftung der Erklärungen und Nachweise vorgebracht habe. Die Urkunde des Notars Sch. vom 17. November 1927 sei nicht geeignet, die Unrichtigkeit des Grundbuchs zu belegen.

Nach der zwischenzeitlichen Anforderung weiterer Originalunterlegen seitens des Grundbuchamtes und der Gewährung rechtlichen Gehörs hierzu hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 11. März 2019 bekräftigt, dass er die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht für nachgewiesen erachte. Das Grundbuchamt hat dem Einspruch durch Beschluss vom 13. März 2019 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach § 71 GBO zulässig. Zwar kann ein Rechtsmittel nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht gegen eine Eintragung gerichtet werden. Gleichwohl war die Beschwerde hier als zulässig zu werten, da das Begehren des Beteiligten zu 1) ausdrücklich die Anregung zur Eintragung eines Amtswiderspruchs enthält. Soweit das Grundbuchamt nach § 53 GBO verpflichtet ist, von Amts wegen tätig zu werden, kann es dazu im Beschwerdewege angehalten werden, so dass die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO mit einer Beschwerde begehrt werden kann (z. B. Demharter, GBO, 31. Aufl., Rdn. 1 zu § 71 GBO).

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 GBO sind zu verneinen. Danach ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Dabei müssen beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Die Gesetzesverletzung durch das Grundbuchamt muss feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuch zumindest glaubhaft sein (ständige Rechtsprechung, vgl. BayObLGZ 1986, 317; OLG Hamm RPfleger 1993, 486; OLG Jena, RPfleger 2001, 298; Demharter, GBO, 31. Aufl., Rdn. 28 zu § 53 GBO).

Hier ist durch den Beteiligten zu 1) bereits nicht glaubhaft gemacht, dass das Grundbuch Blatt …7 durch seine Löschung als Eigentümer und durch die erneute Eintragung des Schmieds O. W. in B. unrichtig geworden ist.

Zwar steht nach den zu der Grundakte von E. Blatt …1 seinerzeit vorgelegten Unterlagen fest, dass der am 30. Juli 1892 in Sch. geborene Schuhmachermeister O. W. durch H. K., geborene R., und E. M., geborene W., beerbt worden ist und dass der Beteiligte zu 1) wiederum E. M. beerbt hat. Indes ist diese durch Erbfolge nicht Eigentümerin des im Grundbuch von S. Blatt …7 verzeichneten Flurstücks …/63 der Flur … der Gemarkung S. geworden, ebenso wenig wie nachfolgend der Beteiligte zu 1) als Erbe der E. M. Vielmehr ist E. M. irrtümlich durch das Grundbuchamt am 25. April 1996 als Eigentümerin dieses Grundbesitzes eingetragen worden. E. M. und H. K. hatten nämlich mit Schreiben vom 16. Januar 1994 ohne Angaben zu bestimmten Grundstücken bzw. Grundbüchern beantragt, sie laut dem beigefügten gemeinschaftlichen Testaments des Schuhmachermeisters O. W. und seiner Ehefrau in E. vom 15. Oktober 1940 in das Grundbuch einzutragen. Dabei enthielt auch dieses Testament keinerlei Angaben zu einem Grundstück in S. Ohne bei den Antragstellerinnen nachzufragen, auf welche Grundstücke sich ihr Antrag bezieht, hat das Grundbuchamt aufgrund eigener Recherchen für das weitere Verfahren verschiedene Grundbücher zugrunde gelegt, in denen ein „O. W.“ als Eigentümer eingetragen war, u.a. auch das Grundbuch Blatt …7 , wie den handschriftlichen Notizen der Rechtspflegerin in der Grundakte von E. Blatt …1 entnommen werden kann. Diese Notizen lassen auch erkennen, dass die Rechtspflegerin die maßgeblichen Unterschiede der Angaben hinsichtlich des Eigentümers überhaupt nicht bedacht hat, nämlich die unterschiedlich angegebenen Berufe und Wohnorte. Auf diese Weise hat das Grundbuchamt das Eigentum an den in den Grundbüchern von E. Blatt …7, von Sch. Blatt …8 und von S. Blatt …7 verzeichneten Grundbesitzes auf die Antragstellerinnen E. M. bzw. H. K. umgeschrieben. Dies geschah allerdings fehlerhaft, weil nur das Grundbuch von E. Blatt …1 und von Sch. Blatt …8 den Schuhmachermeister O. W. aus E. (zum Teil auch seine Frau A.) als bisherigen Eigentümer auswiesen, wohingegen in das Grundbuch von S. Blatt …7 der Schmied O. W. aus B. als Eigentümer eingetragen war. Der Senat teilt die heutige überzeugende Einschätzung des Grundbuchamtes, dass die Rechtspflegerin bei der Eintragung im Jahre 1996 nur irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die Personen „Schuhmachermeister O. W. aus E.“ und „Schmied O. W. aus B.“ identisch seien. Da der Beteiligte zu 1) für den begehrten Widerspruch die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft zu machen hat, hätte es von seiner Seite näherer Darlegungen bzw. der Vorlage aussagekräftiger Unterlagen bedurft, aus denen entgegen jener Einschätzung des Grundbuchamtes der Schluss gezogen werden kann, dass es sich bei den beiden O. W. doch um dieselbe Person gehandelt hat. Der Beteiligte zu 1) hat allerdings nichts dafür vorgebracht, das auch nur als Indiz für deren Identität gewertet werden könnte.

Da die beiden O. W. nicht identisch sind, hat E. M. den im Grundbuch von S. Blatt …7 eingetragenen Schmied O. W. aus B. nicht beerbt. Sie ist daher auch nicht als dessen Gesamtrechtsnachfolgerin Eigentümerin seines Flurstücks …/63 der Flur … der Gemarkung S. geworden. Dieses Grundstück konnte dementsprechend auch nicht an den Beteiligten zu 1) weitervererbt werden.

Der Beteiligte zu 1) ist aber auch nicht jedenfalls gutgläubig Eigentümer jenes Flurstücks geworden, weil seine Rechtsvorgängerin E. M. im Zeitpunkt seiner Erbschaft am 6. Oktober 2012 in das Grundbuch von S. Blatt …7 als Eigentümerin eingetragen gewesen ist. Bei dem Erwerb kraft Gesetzes durch Erbfolge scheidet ein Gutglaubensschutz nach § 892 f. BGB aus (z. B. Toussaint, in: JurisPK BGB, Stand 1. April 2017, Rdn. 32 zu § 892 BGB; Picker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, Rdn. 81 f. zu § 892 BGB; Hertel, in: BeckOGK BGB, Stand 1. Dezember 2017, Rdn. 16 f. zu § 892 BGB; Krause, in: Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB Sachenrecht, 4. Aufl. (2016), Rdn. 37 zu § 892 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

 

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