Der Streit um die Kostenrechnung: Ein nicht bezahlter Makler und der Landgerichtsbeschluss
In einer aktuellen rechtlichen Auseinandersetzung zwischen einem Immobilienmakler und einer Grundstückverkäuferin, hat das Landgericht Cottbus eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen. Dieser Fall dreht sich um eine unbezahlte Kostenrechnung, die ein Immobilienmakler ausgestellt hatte, und die daraus resultierenden juristischen Fragen, die geklärt werden mussten. Im Kern des Konflikts stand, ob die Antragstellerin, die ein Grundstück verkaufen wollte, die Kostenrechnung des Maklers begleichen sollte, obwohl der Kauf letztendlich nicht zustande kam. Der Makler bestand darauf, dass er von der Antragstellerin beauftragt worden war und deshalb ein Recht auf Bezahlung seiner Dienstleistung hatte. Die Antragstellerin hingegen behauptete, dass sie den Makler nicht beauftragt hatte.
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Übersicht
Wer hat den Auftrag erteilt?
Die Gerichtsentscheidung gründet auf der grundlegenden Frage, wer den Immobilienmakler tatsächlich beauftragt hat. Die Antragstellerin argumentierte, dass der Makler von einer Dritten, der potentiellen Käuferin des Grundstücks, beauftragt worden sei. Der Makler hingegen behauptete, dass die Antragstellerin ihn beauftragt habe, indem sie wiederholt im Notariat anrief und sich nach dem Stand der Dinge erkundigte.
Eine Frage der Bevollmächtigung
Eine entscheidende Frage, die das Gericht in diesem Fall prüfte, war, ob der Makler im Namen der Antragstellerin handeln durfte. Die Antragstellerin betonte, dass sie dem Makler keine ausdrückliche Vollmacht gegeben habe, um in ihrem Namen zu handeln. Dies war für das Gericht ein zentraler Punkt in der Argumentation.
Die Entscheidung des Gerichts
Schließlich entschied das Gericht zugunsten der Antragstellerin. Laut Gericht hatte sie den Makler nicht beauftragt, und deshalb war sie nicht verpflichtet, die Kostenrechnung zu begleichen. Die Begründung des Gerichts basierte auf dem § 29 Nr. 1 GNotKG, nach dem ein Auftrag oder Antrag von der Antragstellerin hätte erteilt werden müssen. Das Gericht konnte in diesem Fall jedoch keinen solchen Auftrag feststellen.
Diese Entscheidung zeigt die Bedeutung einer klaren Kommunikation und ausdrücklichen Beauftragung in Geschäftsbeziehungen. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen dieses Urteil auf zukünftige Fälle haben wird.
Das vorliegende Urteil
LG Cottbus – Az.: 3 OH 22/21 – Beschluss vom 10.05.2021
Auf den Antrag der Antragstellerin vom 23.01.2019 wird durch den Antragsgegner der Antragstellerin erteilte Kostenrechnung vom 03.04.2018 (Rechnungsnummer …) aufgehoben.
Gründe
I.
Im Sommer 2017 verhandelten die Antragstellerin und Frau … unter Beteiligung des Immobilienmaklers … über den Verkauf eines Grundstücks in … an Frau ….
Nachdem sich die potentiellen Vertragsparteien über die wesentlichen Modalitäten geeinigt hatten, teilte der Makler dem Antragsgegner mit, dass Frau … ein Grundstück in … von der Antragstellerin kaufen wolle. Er teilte mit, dass Frau … und der Geschäftsführer der Antragstellerin um Übersendung eines Kaufvertragsentwurfes per E-Mail bitten.
Nachdem ein Kaufvertragsentwurf übersandt worden war, ließ die Antragsgegnerin dem Notar eine Ergänzung des Vertragsentwurfes hinsichtlich der Trinkwasserversorgung des Grundstückes mitteilen.
In der Folge gab es Korrespondenz über einen Beurkundungstermin, unter anderem teilte der Geschäftsführer der Antragstellerin dem Notar mit E-Mail vom 13.10.2017 in Bezug auf den Vorschlag 16.11.2017 mit: „16.11. ginge bei mir“. Zur Beurkundung des beabsichtigten Kaufvertrages kam es jedoch in der Folgezeit nicht.
Unter dem 14.06.2018 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin seine Kostenrechnung vom 03.04.2018 und teilte mit, dass die Kosten trotz mehrmaliger Zahlungsaufforderung an Frau … nicht beglichen worden seien. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Notarkosten und der Tatsache, dass der vermittelnde Makler auch im Namen der Antragstellerin tätig geworden sei, bat er um Begleichung der Kostenrechnung.
Die Antragstellerin meint, sie sei nicht verpflichtet, die Rechnung zu begleichen, denn nicht sie habe den Antragsgegner beauftragt, dies sei vielmehr durch Frau …, vertreten durch den Makler geschehen.
Der Antragsgegner meint demgegenüber, er sei auch durch die Antragstellerin beauftragt worden. Die Auftragserteilung sei konkludent dadurch erfolgt, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin verschiedentlich im Notariat angerufen und sich nach dem Sachstand erkundigt habe, dass er mit E-Mail vom 06.10.2017 die Kontoverbindung mitgeteilt habe und dass er mit E-Mail vom 13.10.2017 die Teilnahme an dem für den 16.11.2017 bestimmten Beurkundungstermin bestätigt habe.
Der Antragsgegner verweist darauf, dass die Antragstellerin, wenn sie ihre Kostenhaftung hätte vermeiden wollen, die Möglichkeit gehabt hätte, den Vertragsschluss in ein notarielles Angebot der Käuferin und die eigene Annahme dieses Angebotes aufzuspalten.
Die Ländernotarkasse hat zu dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung Stellung genommen. Wegen des Inhaltes der Stellungnahme wird auf das Schreiben vom 21.05.2019 (Bl. 53-55 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet.
1. Die Antragstellerin ist nicht Kostenschuldnerin. Die Passivlegitimation der Antragstellerin könnte sich hier nur aus § 29 Nr. 1 GNotKG ergeben. Die Voraussetzungen hierfür, nämlich die Erteilung eines Auftrages bzw. Stellung eines Antrages durch die Antragstellerin, ist vorliegend nicht festzustellen.
a. Es kann dahinstehen ob die Auftragserteilung durch E-Mail des Maklers … vom 19.11.2017 zugleich im Namen der Antragstellerin erfolgte, denn es ist nicht erkennbar, dass der Makler durch die Antragstellerin entsprechend bevollmächtigt war.
Offenbar nimmt auch der Antragsgegner nicht an, dass die Auftragserteilung durch die Antragstellerin in der Weise erfolgte, dass sie hierbei durch den Makler vertreten wurde. In seinen Stellungnahmen vom 26.03.2019, vom 17.07.2019 und vom 20.11.2019 begründet der Antragsgegner die Kostenschuldnerschaft der Antragstellerin nämlich ausschließlich mit dem persönlichen Verhalten des Geschäftsführers der Antragstellerin.
b. Auch eine Auftragserteilung durch persönliches Handeln des Geschäftsführers der Antragstellerin ist nicht festzustellen. In Betracht kommt insoweit lediglich eine Auftragserteilung durch konkludentes Handeln. Einer solchen steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner bereits durch Frau … beauftragt worden war. Erforderlich ist aber ein Verhalten der Antragstellerin bzw. hier ihres Geschäftsführers, das deutlich erkennen lässt, dass auch sie dem Antragsgegner einen Auftrag erteilen will.
Dabei kann jedenfalls in den Fällen, in denen der Notar bereits durch einen anderen Beteiligten beauftragt ist, allein in der gegenüber dem Notar mitgeteilten Bereitschaft, an der Beurkundung eines beurkundungsbedürftigen Geschäftes mitzuwirken, nicht zwangsläufig die Erteilung eines Auftrages an den Notar gesehen werden. Man muss nämlich differenzieren zwischen dem Willen zum Abschluss des beurkundungsbedürftigen Geschäfts einerseits und den Willen, den Notar zu beauftragen andererseits. Die Bereitschaft zum Abschluss eines beurkundungsbedürftigen Geschäfts beinhaltet notwendigerweise die Bereitschaft, an der Beurkundung mitzuwirken. Sie beinhaltet aber nicht notwendigerweise die Bereitschaft oder den Willen, den Notar zu beauftragen. Dies kann nämlich auch durch einen anderen an dem beabsichtigten Geschäft Beteiligten geschehen bzw. – wie hier – im Zeitpunkt des potentiell als konkludente Beauftragung zu bewertenden Verhaltens bereits geschehen sein.
Die Vorschrift des § 29 GNotKG kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass allein die für den Abschluss des Geschäfts notwendige Bereitschaft zur Mitwirkung an der Beurkundung die Kostenhaftung auslöst. Dies folgt aus den unterschiedlichen Voraussetzungen für die Kostenhaftung in § 29 GNotKG einerseits und § 30 GNotKG andererseits. Die Regelung in § 30 Abs. 1 GNotKG hätte kaum einen Anwendungsbereich, wenn allein die Bereitschaft eines Beteiligten, eine Erklärung beurkunden zu lassen, die Haftung nach § 29 GNotKG begründen würde.
Wenn der Notar bereits durch einen anderen Beteiligten beauftragt wurde, kann eine konkludente Beauftragung daher nur dann angenommen werden, wenn der betreffende Beteiligte über seine Bereitschaft zur für den Vertragsschluss notwendigen Beteiligung an der Beurkundung hinaus deutlich macht, dass er auch die Beauftragung des Notars als Verfahrenshandlung als eigene Handlung will. Gegen eine solche Interpretation wird in der Regel sprechen, dass, wenn bereits ein anderer Beteiligter den Notar beauftragt hat, für die weiteren Beteiligten kein Anlass besteht, dem Notar nochmals einen (inhaltsgleichen) Auftrag zu erteilen.
Gemessen hieran kann in dem durch den Antragsgegner mitgeteilten Verhalten des Geschäftsführers der Antragstellerin eine konkludente Beauftragung nicht gesehen werden. In Erkundigungen nach dem Sachstand kommt nicht der Wille zum Ausdruck, einen Auftrag zu erteilen. Allein die Bereitschaft zum Abschluss des Kaufvertrages machte es für die Antragstellerin sinnvoll, sich nach dem Verfahrensstand zu erkundigen, insbesondere nachdem es Absagen bereits vereinbarter Beurkundungstermine durch die Kaufinteressentin gab. Auch mit Blick auf die Überlegung, sich um andere Kaufinteressenten zu bemühen, waren Sachstandsanfragen sinnvoll. Vor dem Hintergrund dem Antragsgegner bekannten oder jedenfalls erkennbaren Umstände können Sachstandsanfragen zu dem bereits durch die Kaufinteressentin veranlassten Beurkundungsverfahren nicht im Sinne einer konkludenten Beauftragung ausgelegt werden.
Es besteht kein Anlass, die durch den Antragsgegner benannten Zeuginnen zu vernehmen. Über die bloße Nachfrage nach dem Sachstand hinausgehende telefonische Erklärungen des Geschäftsführers der Antragstellerin, in denen die konkludente Erteilung eines Auftrages gesehen werden könnte, hat der Antragsgegner nicht vorgebracht. Auch die durch E-Mail erfolgte Mitteilung des Geschäftsführers der Antragstellerin, dass er einen Termin am 16.11.2011 wahrnehmen könnte, kann nicht dahingehend verstanden werden, dass die Antragstellerin über ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Beurkundung hinaus einen zur Begründung der Kostenhaftung führenden Auftrag erteilen wollte.
Das Gleiche gilt für die Mitteilung der Kontoverbindung der Antragstellerin.
Die Kammer sieht eine konkludente Beauftragung auch nicht darin, dass die Antragstellerin über den Makler einen Wunsch zur Ergänzung des Vertragstextes vorgebracht hat. Auch darin kommt nicht mehr zum Ausdruck, als dass die Antragstellerin willens war, einen Kaufvertrag mit der Kaufinteressentin abzuschließen und dass sie dabei (selbstverständlich) auf den Inhalt des Vertrages Einfluss nehmen wollte. Dieser Wille, auf den Inhalt des abzuschließenden Vertrages Einfluss zu nehmen, ist nicht gleichbedeutend mit dem Willen, die Auftragserteilung als Verfahrenshandlung vorzunehmen. Ob etwas anderes dann zu gelten hat, wenn ein Beteiligter so umfangreiche Änderungswünsche äußert, dass deren Berücksichtigung mehr oder weniger die Erstellung eines neuen Entwurfes erfordert, braucht hier nicht entschieden zu werden. Dies trifft nämlich auf den einen Änderungswunsch der Antragstellerin nicht zu.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch der Antragsgegner das Verhalten des Geschäftsführers der Antragstellerin offenbar nicht im Sinne einer Auftragserteilung verstanden hat. In seinem Schreiben an die Antragstellerin vom 14.06.2018 hat er deren Kostenhaftung nämlich allein damit begründet, dass der Makler auch im Namen der Antragstellerin tätig geworden sei.
2. Die Kammer hat keinen Anlass, gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 GNotKG i. V. m. § 81 FamFG eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu treffen. Insbesondere liegt keiner der in § 81 Abs. 2 FamFG aufgeführten Fälle vor, in denen das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem der Beteiligten auferlegen soll.