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Was tun wenn man enterbt wurde?

Sie wurden enterbt – Welche Rechte haben Sie?

Es ist bedauerlicherweise keine Seltenheit, dass es innerhalb einer Familie zu Streitigkeiten oder auch Konflikten kommen kann. Mitunter sind diese Streitigkeiten bzw. Konflikte von derartig schlimmer Natur, dass das viel berühmte Tischtuch zwischen den Verwandten als „zerrissen“ gilt und dass die Familienmitglieder für einen längeren Zeitraum oder im schlimmsten Fall sogar für den Rest des Lebens nicht mehr miteinander reden. Ein derartiger Fall kann sogar so enden, dass Eltern den Plan aufgreifen, ihre Kinder per Testament zu enterben. Hierfür gibt es auch verschiedene Möglichkeiten wie beispielsweise das Berliner Testament, nach welchem zunächst das Ehepaar untereinander als Alleinerbe der gesamten Erbmasse eingesetzt werden. Die Kinder werden auf diese Weise faktisch enterbt, allerdings gibt es durchaus auch Möglichkeiten, sich gegen diesen Schritt zur Wehr zu setzen.

Jeder Erblasser hat die Möglichkeit, seine Angehörigen mittels eines Testaments auch zu enterben. Hierfür ist nicht einmal zwingend ein Grund erforderlich. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die „enterbten“ Angehörigen überhaupt nichts erben. Der Pflichtteilsanspruch ist hiervon unberührt und kann nur unter ganz bestimmten Ausnahmesituationen durch einen Erblasser genommen werden. Der Pflichtteilsanspruch muss jedoch seitens des Anspruchsinhabers auch geltend gemacht werden.

Wie kann eine Person überhaupt enterbt werden?

Ich bin enterbt - was kann ich tun ? Welche Rechte habe ich ?
(Symbolfoto: Von MakroBetz/Shutterstock.com)

Es obliegt grundsätzlich jedem Erblasser selbst, wer als Erbe durch den Erblasser in einem Testament eingesetzt wird oder nicht. Diese freie Entscheidung kann und darf auch niemand dem Erblasser nehmen und der Erblasser muss auch seine Entscheidung vor keiner anderen Person begründen oder rechtfertigen. Es ist dementsprechend auch sehr simpel, einen nahestehenden Angehörigen auch unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Die einfache Formulierung in dem Testament, dass Person X den Erblasser ausdrücklich nicht beerben soll, ist hierfür bereits ausreichend. Gängiger sind jedoch eher Formulierungen im Sinne des § 2304 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach einem nahestehenden Angehörigen des Erblassers von dem Erblasser den Status des Erben erhält, während hingegen ein anderer nahestehender Angehöriger alleinig auf den Pflichtteil gesetzt wird. Rechtlich betrachtet wäre derjenige Angehörige, der auf den Pflichtteil gesetzt wird, als enterbt anzusehen.

Eine „Enterbung“ von nahestehenden Angehörigen kann auch ohne eine eindeutige Nennung in dem Testament erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn eine ganz bestimmte Person von dem Erblasser als „Alleinerbe“ in dem Testament bezeichnet wird.

Diese Formulierung findet sich sehr häufig in dem sogenannten „Berliner Testament“ wieder, welches von Ehepaaren untereinander sehr häufig zum Einsatz kommt. Der Grundcharakter des „Berliner Testaments“ ist rechtlich betrachtet dahingehend ausgelegt, dass der überlebende Ehepartner von dem Erblasser als „Alleinerbe“ in dem Testament eingesetzt wird. Etwaig vorhandene Kinder werden auf diese Weise zunächst erst einmal „enterbt“. Dieser Status gilt jedoch in der Regel nur solange, bis der überlebende Ehepartner dann auch verstirbt. Es kommt dann letztlich auf die weiteren Formulierungen in dem „Berliner Testament“ an. Sollten die Kinder nach dem Tod des überlebenden Ehepartners als Erbe eingesetzt werden, so erhalten sie die Erbschaft dann.

Wird eine Person durch einen Erblasser enterbt, so erhält eine andere Person den Erbteilanteil derjenigen Person, die enterbt wurde.

Was ist mit dem Pflichtteilsanspruch?

Unabhängig davon, ob ein Erblasser einen nahen Angehörigen enterben möchte oder nicht, besteht für die „enterbte“ Person auch weiterhin der gesetzliche Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Der Gesetzgeber hat diesen Pflichtteilanspruch gesetzlich aus dem Grund verankert, dass ein Erblasser auch nach dem Tod noch gegenüber den nahestehenden Angehörigen Fürsorgepflichten hat. Der Pflichtteilanspruch betrifft jedoch ausschließlich die sogenannten nächsten Angehörigen gem. § 2303 BGB.

Zu den nächsten Angehörigen gehören

  • die Kinder des Erblassers unabhängig von ihrem Status „adoptiert“ oder „nichtehelich“
  • der Ehepartner des Erblassers, sofern die Ehe zu dem Zeitpunkt des Erbfalls noch rechtlich wirksam war
  • der Partner aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften)
  • die Eltern von dem Erblasser, wenn der Erblasser keine Kinder hat

Enkel- oder Urenkelkinder aben lediglich dann einen Pflichtteilsanspruch inne, sofern sie ausdrücklich von der Erbfolge als ausgeschlossen gelten und zum Zeitpunkt des Erbfalls die Eltern der Enkel- oder Urenkelkinder nicht mehr am Leben sind.

Für die Großeltern oder auch Geschwister des Erblassers gilt jedoch ausdrücklich kein Pflichtteilsanspruch.

Wie kann der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden?

Der Pflichtteilsanspruch wird dem Anspruchsinhaber seitens des Nachlassgerichts im Erbfall nicht automatisch zugesprochen. Dementsprechend muss ein Anspruchsinhaber, der etwaig in einem Testament des Erblassers „enterbt“ wurde, diesen Pflichtteilsanspruch gegenüber den tatsächlichen Erben auch geltend machen. In der gängigen Praxis muss eine enterbte Person zunächst erst einmal in schriftlicher Form die Erben um eine Auskunft dahingehend bitten, auf welche Höhe sich die Erbmasse beläuft. Dies ist wichtig, damit der tatsächliche Wert des Pflichtteils bemessen werden kann. Ist der Wert des Pflichtteils bemessen, so besteht für den Anspruchsinhaber ausdrücklich das Recht, diesen Pflichtteil der Erbmasse von den Erben einzufordern.

Verweigert ein Erbe die Auszahlung bzw. Übergabe des Pflichtteils, so muss der Pflichtteilsanspruchsinhaber den Klageweg bestreiten. Für den Pflichtteilsanspruch gibt es jedoch eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist startet zum Ende desjenigen Jahres, in dem der Erbfall entstanden ist.

In der gängigen Praxis machen Kinder sehr selten von dem Pflichtteilsanspruch Gebrauch, wenn ein überlebendes Elternteil mittels des „Berliner Testaments“ zum Alleinerben eingesetzt wurde. Durch den Pflichtteilsanspruch kann es durchaus dazu kommen, dass das alleinerbende Elternteil finanzielle Schwierigkeiten erhält. Sollte sich das „Berliner Testament“ beispielsweise lediglich auf eine Immobilie beziehen wäre das alleinerbende Elternteil zu einem Verkauf der Immobilie gezwungen, um den Pflichtteilsanspruch bedienen zu können.

Sollte ein pflichtteilsberechtigtes Kind Sozialleistungen beispielsweise in Form von Hartz IV erhalten, so darf das Jobcenter nicht von dem Sozialleistungsbezieher verlangen, dass der Pflichtteilsanspruch im Zusammenhang mit dem „Berliner Testament“ geltend gemacht wird. Sollte jedoch die alleinerbende Person über ausreichende finanzielle Barmittel für eine Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs verfügen, so ist der Sozialleistungsbezieher zur Einforderung des Pflichtteilsanspruchs verpflichtet. Dies wurde von dem Sozialgericht Mainz mit Urteilsspruch (Aktenzeichen S 4 A5 921/15) vom 23.08.2016 so festgelegt.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit für eine „enterbte“ Person, sich gegen diesen Schritt des Erblassers zu wehren. Dieser Schritt richtet sich jedoch sowohl gegen das Testament als auch gegen den Erblasser posthum selbst und ist – zumindest aus moralischer Sicht heraus – als fragwürdig anzusehen. Damit ein Testament in Deutschland seine rechtliche Gültigkeit erhält, muss ein Erblasser zu dem Zeitpunkt der Formulierung des Testaments gewisse Voraussetzungen erfüllen. Die Rede ist an dieser Stelle von der Testierfähigkeit. Es gibt in Deutschland keine Verpflichtung dazu, ein Testament notariell beglaubigen zu lassen. Das Testament muss für seine rechtliche Gültigkeit lediglich persönlich von dem Testator formuliert und eigenhändig unterschrieben worden sein. Wenn sich eine „enterbte“ Person gegen das Testament zur Wehr setzen möchte könnte dies durch eine Anfechtung des Testaments geschehen. Hierfür muss jedoch zwingend der gerichtliche Weg eingeschlagen und angezweifelt werden, dass der Testator zu dem Zeitpunkt der Testamentsformulierung die Testierfähigkeit nicht besessen hat. Auch eine Überprüfung des Testaments auf Formfehler etc. kann eine Möglichkeit sein, sich gegen den Status „enterbt“ zur Wehr zu setzen. Es ist jedoch zu erwarten, dass ein derartiger Schritt bei den Erben oder auch bei anderen Familienmitgliedern bzw. nahestehenden Angehörigen nicht gerade auf sehr viel Gegenliebe stoßen wird.

Wenn Sie enterbt worden und mit diesem Schritt des Erblassers auch nicht einverstanden sind, so können Sie sich selbstverständlich zur Wehr setzen. Hierfür ist es jedoch überaus ratsam, dass Sie sich zunächst erst einmal von einem erfahrenen Rechtsanwalt für Erbrecht beraten und ggfls. auch vertreten lassen. Wir als erfahrene und kompetente Rechtsanwaltskanzlei stehen Ihnen hierfür sehr gern zur Verfügung.

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